In Frankfurt am Main wurde eine neue Hochschule gegründet: Die University of Labour richtet sich als Hochschule für eine mitbestimmte Arbeitswelt ganz besonders an Betriebsräte und Gewerkschafter:innen. Seit einem guten Jahr gibt es sie. Die Hochschulleitung war für einen Austausch zu Gast in Berlin bei unserer Bundesvorsitzenden, Cansel Kiziltepe, und hat das Projekt vorgestellt.
"Am Anfang unserer Gründung stand eine einfache Beobachtung: Betriebsräte, Gewerkschaften und Unternehmen stehen vor immer komplexeren Herausforderungen", so Rainer Gröbel, langjähriger Personalleiter bei der IG Metall und nun Kanzler der University of Labour. "Wer Arbeit von morgen auf Augenhöhe mitgestalten will, braucht deshalb systematisches Wissen und Qualifikationen. Genau das leistet die University of Labour: Als Hochschule für eine mitbestimmte Arbeitswelt wollen wir Menschen fachlich stärken und ermutigen, die Lebens- und Arbeitswelt im Sinne einer gerechten und demokratischen Gesellschaft zu gestalten."
Zusammen mit der Europäischen Akademie der Arbeit, die vor kurzem ihr 100. Jubiläum feiern durfte, sitzt die University of Labour im House of Labour in Frankfurt an Main. Die Nachbarschaft ist kein Zufall, knüpft die University of Labour doch bewusst an die Tradition der EAdA an - und ist doch zugleich eine modernisierende Weiterentwicklung der Arbeiter:innenbildung. "Die University of Labour ist nicht weniger als die erste Hochschule der Gewerkschaften in Europa", erklärt Prof. Dr. Martin Allespach, Leiter der EAdA und zugleich Präsident der University of Labour. "Als eigenständige, staatlich anerkannte Hochschule entscheiden wir selbst über die Inhalte unserer akkreditierten Studiengänge und berufen eigene Professor:innen."
Die University of Labour bestimmt so eigene Richtungen in Lehre und Forschung. Dabei schließt sie auch Lücken im Wissenschaftsbetrieb. "Mitbestimmung ist ein gewaltiger blinder Fleck in der Wirtschaftswissenschaft - eine Absurdität angesichts deren zentraler Rollen", befindet Allespach, der diesen blinden Fleck genauer erforscht hat. "Mit unseren Studienangeboten schließen wir diese Lücke und stellen den arbeitenden Menschen in den Mittelpunkt von Lehre und Forschung. Dabei setzen wir auf eine starke interdisziplinäre Perspektive." Neben den beiden Bachelorstudiengängen Angewandte Betriebswirtschaftslehre und Angewandte Bildungswissenschaften startet im Wintersemester auch der rechtswissenschaftliche Bachelor Arbeits- und Wirtschaftsrecht, einen MBA Nachhaltiges Management gibt es ebenfalls.
Neben der expliziten Adressierung von Arbeitnehmendenvertreter:innen und dem Fokus auf Arbeitsbeziehungen und Mitbestimmungen hat die University of Labour eine dritte Besonderheit: Sie soll zur Gestaltung guter Arbeitsbeziehungen qualifizieren, verfolgt damit also auch einen politischen Zweck. "Unsere Hochschule steht aber grundsätzlich allen Menschen offen, die das Ziel einer humanen Gestaltung der Arbeitswelt mit uns teilen - das gilt natürlich auch für Arbeitgebervertreter:innen", schiebt Rainer Gröbel ein.
Cansel Kiziltepe, Vorsitzende der AfA, begrüßt das Projekt. "Die University of Labour ist ein spannender Neuling in der Hochschullandschaft. Es ist so wichtig, dass sich die Gewerkschaften in der Bildung engagieren, um Innovation und Forschung im Sinne der Beschäftigten voranzutreiben. Ich bin gespannt auf die ersten Betriebsräte, die durch die Schule der University of Labour gegangen sind!"
Weiter Informationen auf der Homepage der University of Labour